Thema heute: Die Auswirkungen der afrikanischen Schweinepest auf die Freilandhaltung von Schweinen
Zuletzt hatten wir vor circa einem Jahr über die Afrikanische Schweinepest, kurz ASP, informiert (hier gehts zum Blog Beitrag). Beschäftigt hat uns die Thematik natürlich auch weiterhin.
Ausgangspunkt ist der Fund von ASP-infizierten Wildschweinen in Brandenburg, nahe der polnischen Grenze im Herbst des vergangenen Jahres. Seitdem wurden verschiedene Maßnahmen eingeleitet, um die für den Menschen ungefährliche, für Schweine aber in der Regel tödlich verlaufende Virusinfektion in den Griff zu bekommen. So wurden Zäune errichtet, um die Wildschweine an der Wanderung zu hindern. Denn die Krankheit ist hochansteckend und von Tier zu Tier übertragbar und kann auch über gemeinsam genutzte Futter- und Wasserquellen weitergegeben werden. Zum anderen werden seitdem vermehrt Wildschweine durch Jäger:innen geschossen, um die bisher extrem hohe Wildschweinpopulation zu verringern und so den Infektionsdruck zu minimieren. Die dritte Maßnahme ist ein Aufstallungsgebot, um den Kontakt zwischen Wild- und Hausschweinen zu verhindern. Und hier sind wir beim Kernproblem angelangt. Denn unsere Schweinchen leben draußen, in artgerechter Gruppenhaltung, mit viel Auslauf und Beschäftigungsmöglichkeiten. Ein anderes Leben kennen sie gar nicht und ihr arteigenes Verhalten verbietet in unseren Augen eine reine Stallhaltung.
Die Konsequenz sind Probleme von gleich zwei Seiten
Das sieht auch Landwirt Henrik, vom Gut Hirschaue, einer unserer wichtigsten Partner so. Hier leben bis dato 100 Sattelschweine in ökologischer Freilandhaltung und der Unwille, die Tiere einzusperren, ist groß. Besonders, da es sich hier um eine gezielte Kreuzung zwischen Sattel- und Wildschweinen handelt, denen ein Leben im Stall nicht zuzumuten wäre. Henrik und sein Bruder Michael gehen derzeit sogar juristisch gegen die Maßnahmen vor. Denn die Stallpflicht ist durchaus umstritten. Im Januar 2021 kommunizierten die Landesagrarminister:innen noch ihre positive Einstellung gegenüber der Freilandhaltung und gaben an, dass diese auch weiterhin möglich sein muss. Inzwischen berufen sich die zuständigen Veterinärämter auf ein Papier des Friedrich-Löffler-Instituts, in dem es heißt, dass eine Aufstallung der Tiere in gefährdeten Gebieten empfohlen wird. Mit dem Hinweis, dass die ASP durch den Kontakt von Schweinen zu Vögeln weiterverbreitet würde. Die dabei zu Rate gezogenen Studien besagen laut des “Aktionsbündnis Bioschweinehalter Deutschlands” (ABD) kurioser Weise allerdings genau das Gegenteil. Darüber hinaus sieht ebendieses Bündnis die Freilandhaltung durch die Einhaltung der gebotenen Maßnahmen, wie Hygieneregeln und einen doppelten Zaun als Puffer zwischen Wild- und Hausschweinen in der Lage, die ASP auch in der Freilandhaltung sicher zu verhindern. Hinzu kommen Restriktionen bei der Vermarktung des Fleisches. Denn auch, wenn der Verzehr von infizierten Tieren für den Menschen in Gänze unbedenklich ist, so kann die Seuche auch über verarbeitetes Schweinefleisch auf andere Schweine übertragen und so immer weiter verbreitet werden. Betriebe aus dem gefährdeten Bereich, wie die Hirschaue dürfen nicht aus dieser sogenannten Sperrzone 2 heraus vermarkten. Das Gut Hirschaue sieht sich in seiner Existenz bedroht.
Aus Solidarität ein Rind - Hilf mit!
Auch uns sind aktuell die Hände gebunden und wir dürfen kein Bio-Fleisch der Sattelschweine von Gut Hirschaue vermarkten. Gemeinsam mit Henrik und seinem Team sind wir aber überzeugt, dass es einen anderen Weg geben muss, als die Tiere Notzuschlachten oder sie in einen Stall zu sperren. Zum Wohle der Schweine, der Hirschaue und im Sinne einer nachhaltigen, ökologischen Landwirschaft und artgerechten Freilanhaltung suchen wir also weiter fieberhaft nach anderen Optionen.
Da sowohl die juristische Beratung als auch mögliche Strafzahlungen hohe Mehrkosten verursachen, möchten wir gemeinsam mit dir Gut Hirschaue unterstützen. Und so werden wir vom 23.-26. September auf 30% des Umsatzes aus dem Frischfleisch-Verkauf von Bio Weiderind 129 verzichten und den Betrag stattdessen der Hirschaue als Unterstützung zukommen lassen. Natürlich wurde auch Rind 129 nach traditionellem Metzgerhandwerk in der Bio-Hofmetzgerei von Gut Hirschaue verarbeitet und verWurstet. Und so heißt es diesmal Weniger Fleisch. Mehr Unterstützung. Du kannst mit deinem Einkauf mithelfen und den wirtschaftlichen Schaden für die Hirschaue geringer halten.
Was steckt politisch dahinter?
Grund für die Aufregung ist die Massentierhaltung in Mega-Ställen bei denen der Ausbruch der ASP in einem einzelnen Betrieb bereits zu einem Millionenverlust und vielleicht zur Aufgabe der Schweinehaltung führen würde. Darüber hinaus ist Deutschland aktuell im Bereich der Schweine-Erzeugnisse ein Exportland und aufgrund der geringen Fleischpreise auf Masse, statt auf Klasse angewiesen. Erste Länder haben bereits ein Importverbot von Schwein aus Deutschland verhängt. Der Bauernverband in Mecklenburg-Vorpommern äußert sich zu dem Thema: „Bei der Tierseuche ASP muss der Schutz der gesamten deutschen Schweinebestände einen höheren Stellenwert als die kontinuierliche Freiland- oder Auslaufhaltung partieller Schweinebestände einnehmen.“ Und auch die Bauernverband-nahe Zeitschrift top agrar schlägt in dieselbe Kerbe, indem sie artgerechte Haltungsformen für fahrlässig hält und den Schutz der deutschen Schweinebestände als oberstes Gebot nennt. Das Hofieren eben dieser industriellen und mit Tierleid verbundenen Massentierhaltung ruft bei uns mehr als Unverständnis hervor. Betriebe, die bereits in Tierwohl investiert haben bzw. wie das Gut Hirschaue schon immer überzeugte Freilandhalter sind, werden abgestraft. Laut BÖLW wird dieses Vorgehen die Weiterentwicklung von einer industriellen Tierhaltung hin zu mehr Tierwohl in Deutschland massiv ausbremsen. Dabei sind es laut Tierschutzbund doch genau diese Großbetriebe, die durch lange Transportwege und grenzüberschreitenden Handel mit Futter, Tieren und Schlachtkörpern die ASP anheizen.
Industry No – Free Piggies go!
In Konsequenz bedeutet dies eine Ungleichbehandlung der verschiedenen Haltungssysteme bei Schweinen. Die gesellschaftlich erwünschte Form der Tierhaltung, nämlich die glücklicher Schweine in Freilandhaltung wird gegenüber der industriellen Schweinehaltung, die seit langem für ihre unsäglichen Zustände in der Kritik steht, benachteiligt. Dabei wird billigend in Kauf genommen, dass diese vorbildlichen Betriebe zur Aufgabe gezwungen werden, anstatt dies bei den unerwünschten Tierfabriken in Erwägung zu ziehen.
Ganz untypisch für uns, weichen wir also dieses Mal von unserem Motto „Weniger Fleisch. Mehr Respekt.“ ab und rufen ausnahmsweise dazu auf, ganz fleißig Fleisch zu bestellen, um das Gut Hirschaue in ihrer juristischen Auseinandersetzung zu unterstützen.
Romy •
Kann man denn auch für das Gut Hirschaue spenden?