Meinekleinefarm.org zu Besuch in der Hauptstadt der Freilandschweine

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Schweine, die zwei Jahre im Freien aufwachsen und sich an Eicheln sattfressen. Freilandschweinefleisch in allen Restaurants, gebraten, gegrillt, oder kombiniert mit Meeresfrüchten. Ein Mal im Jahr ein mehrtägiges Schweinefestival. Und sogar eine Schweinehirten-Skulptur auf dem Kreisverkehr in Ourique, eine Kleinstadt im Süden Portugals, die sich stolz "Hauptstadt des Alentejo-Schweins" nennt. Meinekleinefarm.org musste da mal hin!


Der Alentejo, das ist grob gesagt die Gegend von Lissabon bis an die Algarve im Süden des Landes. Olivenhaine, Stein- und Korkeichen sowie Viehhaltung prägen die hügelige Landschaft um Ourique. Rund 50 Schweinebauern in und um Ourique sowie 70 weitere im Alentejo gehören dem Verband ACPA der Alentejo-Schweinebauern an (und längst nicht alle Freilandbauern im Alentejo sind in diesem Verband organisiert).

Pedro Camacho arbeitet für den Verband und führt uns durch den Montado, hügelige Wiesen mit Eichen, darunter auch Korkeichen, aus deren Rinde Kork produziert wird. Hier fressen sich die Schweine zur Eichelzeit von November bis Februar genüsslich durch den Winter. Acht Kilogramm verdrückt so ein Schwein pro Tag und nimmt in dieser Zeit rund 800 Gramm taeglich zu. Eine Eiche gibt pro Winter 15 Kilogramm her. Da die strengen Produktions-Richtlinien nicht zulassen, dass zugefüttert wird, braucht der Bauer im Schnitt zwei Hektar Land, um den Hunger eines einzelnen schwarzen Schweins zu stillen. Abhängig von Baumbestand und Eichelertrag arbeiten manche Bauern sogar mit über vier Hektar pro Tier, erklaert uns Pedro. Das sind mehr als vier Fussballfelder.

 

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Die restliche Zeit des Jahres verbringen die Schweine auch im Freien, auf "normalen" Wiesen und werden wie bei bei uns von den Bauern gefüttert. Mindestens zwei Jahre werden sie alt, bis sie das vorgeschriebene Mindestgewicht von 150 Kilogramm erreichen.

Das Alentejo-Schwein ist eng verwandt mit dem spanischen Iberico-Schwein. Nicht nur der Iberico-Schinken genießt bei Gourmets aus aller Welt besten Ruf. Die Portugiesen ziehen nach und lassen sich ebenfalls ihren Schinken oder andere Spezialitaeten durch EU-Gütelabels schützen. Die hohe Nachfrage nach diesem erstklassigen Fleisch ist für die Bauern im Alentejo, die sonst mit sehr heissen und trockenen Sommern sowie kargen Böden zu kämpfen haben, ein Segen: kein Bauernsterben hier.

"Leider aber", sagt Pedro Camacho, werden derzeit 85% der Alentejo-Schweine nach Spanien exportiert. Das bedeutet stundenlange Lebendtransporte für die Tiere.

Schöner wärs, wenn die portugiesischen Marken sich weiter etablieren könnten, wenn also der Großteil der heimischen Schweine auch regional geschlachtet und verarbeitet würde. Etwa zu Enchidos, also Rohwürste wie Chourico oder Paio, das ist mit Paprika und Knoblauch gewürzte und geräucherte Schweinelende.

Der ganze Stolz aber ist der Schinken. Mindestens zwei Jahre reift er an der Luft. Das bedeutet: vier bis fünf Jahre von der Geburt des Ferkels bis zum edelsten Presunto auf dem Teller. Meine kleine Farm hat ihn probiert. Der Geschmack ist unbeschreiblich.

Dazu einen kräftigen Rotwein, aus dem Alentejo natürlich. Zum Verdauen ein Gedicht? Das gibt es hier auch: einen Gedichtband, herausgeben zu Ehren der Schweine, ihrer Halter und der Landschaft des Alentejo.


PS: Pedro findet die Idee von dem Fleisch mit Gesicht interessant. Und wir finden diese Form der Landwirtschaft und die Begeisterung der Region toll. Logistisch nicht ganz einfach, aber vielleicht kriegen wir mal ein Aktionsschwein aus dem Alentejo hin? Wir überlegen uns das. 

(Beide Zeichnungen aus dem Gedichtband "Sus", herausgegeben von der Stadtverwaltung Ourique, 2013. Zeichnungen von Joaquim Rosa, Gedichte von Vitor Encarnacao)


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